von Rafael Vrecar

Nach fünf intensiven Tagen endete die von der TU Austria und dem Center for Technology & Society (CTS) gemeinsam veranstaltete Summer School 2023 zum Thema “Sustainable Futures”.

Der folgende Rückblick beleuchtet die Veranstaltung aus Studierenden-Sicht.

Zuallererst muss festgehalten werden, dass der Begriff “Nachhaltigkeit” in den letzten Jahren stark strapaziert wurde, da es eines dieser geflügelten Wörter ist, die gefühlt alle verwenden, um informiert zu wirken und dem Zeitgeist Genüge zu tun. Diese Summer School hat auf ambitionierte Art und Weise dieser exzessiven Verwendung des Begriffs entgegengewirkt und war dahingehend erfolgreich, einen diversen und tiefergehenden Blick auf “Nachhaltigkeit” zu werfen.

Montag

Nach einer herzlichen Begrüßung und einer Vorstellung der TU Austria und das CTS durch Kurt Matyas begann der erste Tag mit einer siebenminütigen Poster-Präsentation über bearbeitete PhD-Themen aller Studierenden. Dies erwies sich als ein intensiver, aber angemessener Sprung ins kalte Wasser, um sich gegenseitig kennenzulernen. Am Nachmittag stellte Bettina Mihalyi-Schneider ihre Arbeit zum “Life Cycle Assessment” vor und zeigte, dass die Modellierung in diesem Fall oft ein komplexer Prozess ist, der viel Denkarbeit und Verständnis für das jeweilige Problem erfordert. Zu den praktischen Beispielen zählten kleine IoT-Geräte sowie das sehr österreichische Beispiel des “Schnitzels”.

Dienstag

Marjo Rauhala betonte die Notwendigkeit, Ethik und verantwortungsvolles Denken in den Forschungs- und Innovationsprozess zu integrieren, um nachhaltig agieren zu können. Die Studierenden wurden angehalten, ihre Werte in einem Kartenspiel zu nach persönlicher Priorität zu reihen. Diese Aufgabe führte zu interessanten Diskussionen über verschiedene Begriffe und zeigte, dass Menschen unterschiedliche Vorstellungen von der Bedeutung verschiedener Wörter haben. Um das gegenseitige Verständnis sicherzustellen, muss eine gemeinsame Basis von Bedeutungen gefunden werden. Dies gilt auch für das Schreiben, da eine der wichtigsten Aufgaben von Forscher:innen darin besteht, Definitionen auszuhandeln, damit wir tatsächlich über dieselben Konzepte sprechen und nicht nur dieselben Wörter verwenden.

Am Nachmittag setzte Mahshid Sotoudeh die Summer School mit Input zu “Sustainable Environments” fort. Die Präsentation und die Übung machten deutlich, dass Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Lebensmittelindustrie nicht mit einer nachhaltigeren Produktion von Waren endet, sondern dass die Art der Verpackung, sowie die Logistik ebenfalls wichtig sind.

Mittwoch

“Tell your story in one sentence or less” (dt. “Erzähle deine Geschichte in einem Satz oder weniger”). Das war das ehrgeizige Ziel, das sich Tobias Kohn für die Teilnehmer:innen gesetzt hatte. Mit einer sorgfältig kuratierten Präsentation mit wenigen Worten und vielen Bildern gelang es Tobias, die Aufmerksamkeit der Teilnehmer:innen zu gewinnen und an ihren Ehrgeiz zu appellieren, ihr Storytelling zu verbessern. Selbst die Vortragenden beschlossen nach dieser Session, ihre Folien für den nächsten Tag zu ändern.

Babak A. Farshchian stellte seinen Rahmen vor, der sich auf eine “service lens perspective” konzentriert, um ein besseres Verständnis in der Praxis zu fördern. Diese Perspektive war für die meisten Studierenden neu und verknüpfte die Begriffe “Services” und “Werte”, die für viele vor dieser Einheit keinen offensichtlichen Zusammenhang hatten.

Zu erwähnen ist ebenfalls, dass die Stimmung zwischen den Vortragenden, den Studierenden, und dem CTS sehr gut und kooperativ war. Alle begegneten einander respektvoll und mit einer gemeinsamen Begeisterung für die Themen.

Das Get-together am Abend sorgte für einen entspannten Ausklang des Tages. Alle hatten eine gute Zeit und konnten auch über Themen abseits des akademischen Arbeitens diskutieren.

Donnerstag

Am vorletzten Tag war die Fakultät für Informatik der TU Wien an der Reihe, ihr Können zu zeigen. Hilda Tellioğlu stellte das “Change-Management” vor, das schon für sich genommen eine große Herausforderung für Organisationen darstellt. Wenn man dann noch “agile Enviroments” (z. B. in der Softwareentwicklung) und Nachhaltigkeit in die Gleichung einbezieht, kann dies schnell zu einer überwältigend komplexen Aufgabe werden. Die Teilnehmer:innen wurden mit dem achtstufigen Veränderungsmodell von Kotter vertraut gemacht und sollten das Veränderungsmanagement in vier fiktiven Einrichtungen umsetzen. Obwohl die Ergebnisse in so kurzer Zeit beachtlich waren, wurde warnend darauf hingewiesen, dass es in jedem Prozess sehr viele Punkte gibt, an denen er scheitern kann, so dass in fast allen Fällen iterative Verbesserungen notwendig sind.

Am Nachmittag gab Florian Michahelles einen kurzen Überblick über seine Arbeit und die Projekte seiner Studierenden. “Digital Companion” war der Begriff, um den sich sein Vortrag drehte, der aufgrund der vielen Diskussionen, die er anregte, sehr lebendig war. Die Studierenden wurden aufgefordert, “Digital Companions” zu entwerfen, welche die Einbeziehung von Nachhaltigkeit in verschiedenen realistischen Situationen fördern.

Freitag

Der Freitag begann völlig anders als die anderen Tage. Heimo Sandtner und Dietlind Zehetgruber stellten ein völlig neues Konzept zum Umgang mit Fehlern aller Art vor. Mit Hilfe von Instrumenten und Looping-Geräten mussten die Studierenden eine Stunde lang ihr Arbeitsfeld komplett verändern und sich als Komponist:innen beweisen. Die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich, aber hatten allesamt gemein, unterhaltsam zu sein. Eines ist sicher: Diese Session lehrte den Umgang mit Fehlern auf eine sehr ermutigende Weise. Und dank der einzigartigen Fehlerpolitik von Heimo Sandtner an der FH Campus Wien hatten alle Teilnehmer:innen plötzlich Lust auf Schokolade.

Der letzte Tag, und damit die Summer School, endete mit einer weiteren Session von siebenminütigen Präsentationen, in denen jede:r erklären musste, wie sich ihre:seine Sicht auf Nachhaltigkeit verändert hatte, und wie das Gelernte in die eigene Dissertation Einfluss finden kann. Aus Studierenden-Sicht war diese Summer School intensiv, anders als erwartet (aber auf eine gute Art und Weise), und die Sorgfalt, die alle Organisator:innen und Vortragenden in sie gesteckt haben, war deutlich sichtbar.

Alles in Allem waren die Learnings vielseitig. Einerseits waren wohl für alle Studierenden einige thematische Erkenntnisse dabei, aber auch das Arbeiten in verschiedenen Gruppen, wo in jedem Fall wenig Zeit war, sich aufeinander einzustellen, wurde geschult.

Abschließend ist erwähnenswert, wie viel Raum Feedback gegeben wurde, aber auch der Auseinandersetzung miteinander und mit den unterschiedlichen Themen, dem Networking und einfach der gemeinsamen Leidenschaft aller – Vortragenden und Studierenden gleichermaßen – für nachhaltige Forschungsarbeit.