GenderFair MT

Workshop zu nicht-binärer Sprache als erster Schritt zur nicht-binären Sprachtechnologie

Projektdetails

  • Consortium:

    TU Wien, Human Computer Interaction Group, Institute of Visual Computing and Human-Centered Technology

    University of Applied Sciences Campus Wien

    University of Vienna , Centre for Translation Studies

    St. Pölten University of Applied Sciences, Institute of IT Security Research


Kontaktinformationen

Kurzzusammenfassung

Mit zunehmender Sichtbarkeit nicht-binärer Menschen wurden Strategien zur Überwindung von Gender Bias in der Sprache jenseits eines binären Konzepts (männlich/weiblich) vorgeschlagen, wie etwa geschlechterinklusive (z. B. Leser:innen) und/oder geschlechtsneutrale Sprache (z. B. Lesens). Diese Entwicklungen werfen interessante Fragen für Sprachtechnologien auf, einschließlich der maschinellen Übersetzung. Um nicht-binäre MÜ zu ermöglichen, schlagen wir vor, einen dreitägigen partizipativen Workshop zu organisieren, in welchem Übersetzungsrichtlinien für den nicht-binären Sprachgebrauch mit drei Gemeinschaften entwickelt werden: (1) Mitgliedern der nicht-binären und queer Gemeinschaft, (2) menschlichen Übersetzer:innen und (3) Expert:innen für maschinelle Übersetzung. Anstelle von Präsentationen werden wir von den Teilnehmenden lernen und gemeinsam das Thema in mehreren interaktiven Formaten diskutieren. Den Abschluss des Workshops bildet eine öffentliche Podiumsdiskussion mit ausgewählten Expert:innen, in welcher wir auch zu Beginn die Ergebnisse des Workshops vorstellen werden.

Ergebniszusammenfassung

Der GenderFairMT-Workshop und die Podiumsdiskussion haben klar gezeigt: Die eine genderfaire Strategie für Sprache und (maschinellen) Übersetzung kann es nicht geben, da diese von vielen Faktoren abhängt, wie etwa Personenbeschreibung, Kontext, Zielgruppe, etc. Technik braucht Vereinheitlichung, aber das steht im Widerspruch zur Diversität, die das Thema und die Betroffenen fordern. Konkret zählt der Grundgedanke: „Es geht hier um die Bedürfnisse von Menschen, nicht nur darum, die geilste Lösung zu implementieren.“ Dass dieses Thema nicht nur höchst aktuell, sondern auch von gesellschaftspolitischer und wirtschaftlicher Wichtigkeit ist, zeigt einerseits die Medienberichterstattung (Standard- Interview, Ö1-Beitrag, Podcasts) und andererseits die Tatsache, dass Teilnehmys die Diskussion auf soziale Medien und Fachtagungen, z. B. der technischen Kommunikation, weitergetragen haben.

In der inter-/transdisziplinären Interaktion ist deutlich geworden, wie überraschend weit weg von wirklich genderfairer Sprache der derzeitige Stand der Gesellschaft, Sprachverwendung und Sprachindustrie noch ist. Es hat sich klar gezeigt, dass unser Ansatz erst noch einen stärkeren Fokus auf soziale Aspekte und Bewusstseinsschaffung erfordert und weniger Fokus auf technische Aspekte. Bevor technische Lösungen überlegt werden, sollten überhaupt einmal einheitliche, lesbare und verständliche Lösungen für die Sprache vorliegen. Trotz vieler Initiativen, stetiger Aktivitäten und steigender internationaler Medienberichterstattung (z. B. Coming-out von Demi Lovato als nicht-binär), hat das Thema derzeit die breite Masse und insbesondere das unternehmerische Bewusstsein noch nicht erreicht, da laut eigenen Angaben sogar einige Beauftragte für Fragen der Diversität im Unternehmen, die an unserem Workshop teilnahmen, vor dem Projekt wenig bis keinen Kenntnisstand zur genderfairen Sprache über eine binäre Vorstellung hinaus hatten. Mitunter findet dann Diskrimierung in Form der falschen Zuweisung einer Geschlechtsidentität aufgrund eines mangelnden Kenntnisstandes statt.

Methodisch hat das Projekt von der Vielseitigkeit der Teilnehmys und des Projektteams stark profitiert und das partizipative Design zu sehr kreativen Aktivitäten geführt. Generell waren die Diskussionen sehr lebendig und die Stimmung offen, harmonisch, sehr konstruktiv und wertschätzend, und zwar über alle drei Tage. Das ist bei einem Raum voller Personen aus unterschiedlichen Communitys, die sich vor den Veranstaltungen großteils nicht kannten, keine Selbstverständlichkeit und gut für die Seele des Projektteams sowie auch für die Resultate des Projekts. Ein großer Lerneffekt war auch die Selbstreflexion über den eigenen Umgang mit Sprache und die Sensibilisierung auf sehr unterschiedliche Perspektiven, vom Recht auf Diversität zur Notwendigkeit der wirtschaftlichen und technischen Standardisierung.

Ein wichtiger Aspekt, der uns erst durch den Workshop bewusst geworden ist, ist dass der Bekanntheitsgrad von Einzelpersonen in den Communitys oft nicht ausreicht und für die Teilnahme am Workshop auch das nötige Vertrauen geschaffen werden muss. Wenn Personen eingeladen werden persönliche Erfahrungen zu teilen und nicht fachliche Perspektiven, muss ein wertschätzendes und respektvolles Umfeld garantiert werden. Die Rückmeldung der beteiligten Personen hat die Wichtigkeit des Vertrauens in das Forschungsteam bestärkt. Aus diesem Grund würden wir empfehlen erst Veranstaltungen innerhalb einzelner Communitys abzuhalten, damit ein Gefühl für das Projektteam und die geschaffene Atmosphäre entsteht, und erst danach Veranstaltungen mit verschiedenen Communitys zu planen.

Weitere Informationen

Zeitungsartikel

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